Donnerstag, 8. Januar 2009

ich will lebendig sein

Auch die Strumpfgürtel machten keine Schwierigkeiten, aber sie zögerte, das Taillenmieder aus rosen Sei-denbroche dazuzulegen, das am Rücken geschnürt wurde und dem Korsett, das sie in Roissy getragen hatte, so ähnlich war. Sie legte es beiseite, auf die Kommode. Rene würde entscheiden. Er würde auch wegen der Pullover entscheiden, die alle über den Kopf gezo-gen wurden und am Hals eng anlagen, also nicht zu öffnen waren. Sämtliche Unterkleider dagegen häuften sich auf dem Bett. In der Kommodenschublade blieb nur ein Halbrock aus schwarzem Faille mit Plisseesaum und kleinen Valencienne-Spit-zen, der unter einen schwarzen, sehr leichten und fast durchsichti-gen Wollrock mit Sonnenplissee gehörte. Sie würde neue Unterrök-ke brauchen, hellfarbig und kurz. Sie stellte fest, daß sie entweder ganz auf enge Kleider verzichten oder Mantelkleider wählen müßte, die von oben bis unten durchgeknöpft waren, mit einem Futter, das sich zugleich mit dem Kleid öffnete. Bei den Unterröcken und Kleidern war die Sache einfach, aber was würde die Wäschenäherin sagen, wenn sie ihre Bestellung aufgeben würde? Sie würde ihr erklären, daß sie ein loses Futter haben wolle, weil sie leicht friere. Es stimmte sogar, daß sie leicht fror, und sie fragte sich plötzlich, wie sie so mangelhaft geschützt im Winter die Kälte im Freien ertragen werde. Als sie schließlich fertig war und von ihrer Garde-robe nur die Hemdkleider blieben, die alle vorn geknöpft wurden, der schwarze Plisseerock, die Mäntel natürlich und das Kostüm, mit dem sie aus Roissy zurückgekommen war, machte sie Tee. In der Küche stellte sie den Thermostat der Heizung höher; die Aufwarte-frau hatte den Holzkorb für das Feuer im Salon nicht gefüllt, und sie wußte, daß ihr Geliebter sie am Abend im Salon am Feuer vorfinden wollte. In einen großen Sessel gekauert, den Tee neben sich, erwar-tete sie also seine Rückkehr.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen